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Bertas Flachs zu Besuch in Dresden.

von | Mrz 4, 2024 | Blog, Vom Hof zum Garn

Oder: Warum wir jetzt noch motivierter Flachs anbauen.

Wusstest du, dass ein ordentlich gejätetes Flachsfeld früher ein echtes Statussymbol für einen Bauernhof war? Dass man um “Widerhülf” (Wiederhilfe) bei den Nachbarn gebeten hat, wenn man helfende Hände bei der Ernte und Verarbeitung des angebauten Flachses benötigte? Dass junge Frauen bis zu 80 Kilo kunstvoll verzopfte Flachsstränge zur Hochzeit bekamen, die zwar nie versponnen wurden, aber dafür als Lebensversicherung dienten?

Wir auch nicht. Und deshalb sind wir sehr froh, dass wir mit Christiane Seufferlein vom Verein “Bertas Flachs” vergangenes Wochenende nicht nur eine erfahrene Handspinnerin und versierte Flachsfachfrau zu Besuch hatten, sondern auch eine mitreißende Geschichtenerzählerin.

2024 bauen wir Flachs im Wandelgrund an

Der Grund für Christianes Besuch? Wir wollen in diesem Jahr im Rahmen des Vom Hof zum Garn-Projektes Flachs im Wandelgrund anbauen, um an einem Ort zeigen zu können, wie Leinen entsteht – aber bis auf Dietja hatte bisher niemand aus unserem Team Erfahrung mit dem Anbau und der Verarbeitung dieser Faserpflanze gemacht. Wir ahnten allerdings, dass es kompliziert sein könnte und wollten deshalb nicht ohne eine vorherige, gründliche Beratung starten.

Christiane gehört In Sachen Flachs zu den wohl bekanntesten Ansprechpartner*innen im deutschsprachigen Raum und bietet seit vielen Jahren Workshops unterschiedlichster Art an, um Menschen den Anbau und die Verarbeitung von Flachs zu Leinen nahe- und beizubringen. Umso erfreuter waren wir, als wir von ihr die Zusage bekamen, einen Intensivkurs besonderer Art bei ihr buchen zu können – direkt bei uns im Wandelgrund.

So stand an insgesamt drei Workshop-Tagen ein anspruchsvolles Programm auf unserem Plan: (1) Ein theoretischer Teil zum Anbau, zur Ernte und zum Rösten von Flachs; (2) ein praktischer Teil, in dem wir bereits gerösteten Flachs zur Weiterverarbeitung vorbereitet, also gebrochen, geschwungen und anschließend gehechelt haben und (3) ein verarbeitender Teil, in dem wir gelernt haben, wie wir Flachs unterschiedlicher Qualitäten auf geeignete Weise (z.B. mit und ohne selbstgebautem Rocken) verspinnen können. Zudem war der Workshop so angelegt, dass wir dieses erlernte Wissen gezielt weitergeben können, um weitere Menschen vom Flachsanbau zu überzeugen und der Faser wieder die Aufmerksamkeit zu schenken, die sie verdient.

 

Menschen in Mitmach-Aktionen vom Flachs begeistern

Unser Ziel für die drei Tage also: Nicht nur lernen, wie diese Arbeitsschritte funktionieren, sondern auch, wie wir Mitmach-Aktionen so gestalten können, dass wir unser Wissen gut weitergeben können – ein echtes Train-the-trainer-Format also! Das Wochenende war außerdem die erste Gelegenheit für uns als Vom Hof zum Garn-Projektteam, mehrere Tage am Stück zusammenzuarbeiten und uns näher kennenzulernen.

Krönender Abschluss der intensiven Zeit: Der berührende Vortrag von Christiane im Museum für Sächsische Volkskunst und die vielen Menschen, die unserer Einladung dorthin am Sonntag Nachmittag gefolgt waren. In knappen zwei Stunden inklusive anschließender Fragerunde stellte Christiane nicht nur ihr konkretes Projekt Bertas Flachs vor, sondern schaffte es auch, die Rolle von Leinen im Alltag damals wie heute hervorzuheben und erfahrbar zu machen. (Mehr zur Geschichte von „Bertas Flachs“ am Ende dieses Beitrags!)

Spätestens jetzt sind wir hoch motiviert, unser Flachsprojekt mit Leben zu füllen – und daher ist dieser Blogbeitrag auch nur der erste Auftakt einer Reihe von Beiträgen über diese faszinierende Kulturpflanze.

DANKE!

Vielen Dank an Christiane für das großzügige Teilen deines Wissens und deine Begeisterung, danke an das Museum für Sächsische Volkskunst für die unkomplizierte Kooperation – und danke an die Unterstützer:innen unseres Crowdfundings letztes Jahr. Nur durch euch ist dieses Projekt überhaupt möglich!

Du willst mitmachen?

Wenn du Lust hast, am Flachsprojekt mitzuwirken, komm doch ab dem 3. April gerne zu unserer Offenen Textilwerkstatt vorbei, oder abonniere den Newsletter für Veranstaltungsankündigungen.

Über Bertas Flachs
Bertas Flachs ist Christiane Seufferlein vor einigen Jahren “passiert” – als sie eine Truhe mit 80 Kilogramm Flachs angeboten bekam: Die Aussteuer von Berta. Sie nahm den Flachs an – und schrieb die Geschichte von Berta auf, die anschließend mit den Flachszöpfen zu Menschen in der ganzen Welt reiste. Seitdem sind unzählige Truhen dazugekommen – und mit ihnen viele berührende Geschichten von Frauen und Männern, die noch bis in die 1950 Jahre im österreichischen Mühlviertel Flachs angebaut und verarbeitet haben. Mittlerweile kümmert sich der Verein darum, die jahrtausende alte Flachstradition und vor allem die handwerkliche Verarbeitung lebendig zu halten – Wissen und Fertigkeiten, die fast verloren sind! Mehr auf bertas-flachs.at.

Über den Flachsanbau im Wandelgrund
Wir bauen in diesem Jahr die alte, lokale Sorte Löbauer Blau an. Das Saatgut stammt von Albrecht Vetters, der die Sorte seit einigen Jahren wieder vermehrt. Weil das verfügbare Saatgut nicht für die geplante Fläche reicht, haben wir uns entschieden, zusätzlich noch vier weitere Sorten (Felice, Avian, Nathalie, Christine) anzubauen, um genügend Material für die Mitmach-Aktionen zur Verfügung zu haben. Die Aussaat erfolgt im März, 90-120 Tage später ist der Flachs zum Ernten bereit.

Text: Mona Knorr, Ulrike Kohn; Fotos: Ulrike Kohn

Bildbeschreibungen (von oben nach unten): Christiane Seufferlein beim Spinnen von langen Fasern aus dem Rocken; Flachszöpfe und im Kurs gesponnenes Garn; Kardieren der Flachszöpfe, um Werg, mittellange und lange Fasern voneinander zu trennen; Flachsbreche und Hecheln; Spinnen von mittellangen Fasern aus dem Handtuch; Spinnen mit einem Handrocken.

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